Hintergrund der Amilorid-Therapie



Vorbemerkung

Eine viskositätssenkende und die mukoziliäre Clearance fördernde Wirkung ist in der Kurzzeitanwendung bei jungen CF-Patienten nachgewiesen. Ergebnisse von Langzeitstudien sind spärlich und - infolge unterschiedlicher methodischer Ansätze - widersprüchlich. Amiloridstudien sind bislang insgesamt unbefriedigend, weil sie meist ohne Serumspiegelkontrollen, mit zu kleinen Kollektiven und mit zu geringer Amiloriddosis stattfanden.

Andererseits kann man nicht erwarten, dass sekundäre, durch Entzündungsvorgänge (z.B. durch DNA oder Aktinfilamente) bedingte Sekretveränderungen durch Amilorid beeinflussbar sind. Sie bedürfen daher einer intensiven ergänzenden Behandlung.

 

Abbildung 1 dokumentiert die Bedeutung einer ausreichend hohen Dosierung des Amilorids.

 


 Abb. 1   Wirkungsdauer von Amilorid, ermittelt anhand der ET50 (Zeitpunkt zu dem 50 % des Ausgangswertes der nasalen PD wieder erreicht wurde) nach nasaler Applikation von je 2 ml verschieden konzentrierter Amilorid-Lösungen [Am. J. Resp. Crit. Care Med 157:1844-1849]


Markiert sind die Mittelwerte (± SEM, d.h. Standardabweichung des Mittelwertes);
 *p<0.002, signifikante Unterschiede im Vergleich zu 1x10-3M-Lösung (0.3 mg/ml);
*p<0.01, signifikante Unterschiede im Vergleich zu 3x10-3M-Lösung


 6 x 10-3 M ( = 1.8 mg/ml)
 
1 x 10-2 M ( = 3.0 mg/ml)

 

 

 

 

 

Nach vorherrschender Meinung werden eine Fehlregulation der Chlorionensekretion und eine verstärkte Natriumionenabsorption am respiratorischen Epithel sowie ein isotoner transepithelialer Flüssigkeitstransport als basale Mechanismen der Ionentransportstörung bei CF angesehen. Sie gelten als mit verantwortlich für eine erhöhte Viskoelastizität und die Sekretretention in den Atemwegen bei Mukoviszidose-Patienten.

 

Der Natrium-Kanal an der apikalen Membran des respiratorischen Epithels (ENac) kann durch Amilorid blockiert werden. Wichtigstes Gegenion des Natriumions ist das Chlorion, das wahrscheinlich auch auf parazellulärem Weg transportiert wird.

Das normale respiratorische Epithel hat mindestens zwei für Chlorionen durchlässige Kanäle an der apikalen Membran, einen cAMP-abhängigen, vom CFTR-Proteinkomplex gesteuerten und einen "alternativen" Cl-Kanal.

[Eine andere Hypothese geht davon aus, daß normales Atemwegsepithel (analog zu demjenigen der Ausführungsgänge der Schweißdrüsen) Ionen, aber nicht Wasser absorbiert. Auf diese Weise würde ein hypotones Sekret an der Oberfläche produziert. Allerdings ist diese Vorstellung nicht vereinbar mit den Befunden bei der Messung transepithelialer Potentialdifferenz (PD), wobei die Natrium-Blockade mit Amilorid bzw. die Aktivierung des Chlorionentransports durch verschiedene Pharmaka genutzt wird, insbesondere auch ein (milder) PD-senkenden Effekt durch NaCl nachweisbar ist. Diese Resultate und die diagnostische Nutzung dieser Messungen werden weltweit akzeptiert].

 

Geht man also davon aus, daß bei CF-Patienten eine gesteigerte transepitheliale Natriumabsorption und reduzierte Chlorid-Sekretion besteht, so bieten sich für die pharmakologische Therapie der Ionentransportstörung zwei Möglichkeiten der Beeinflussung an:

- die Blockierung bzw. Reduzierung der apikalen Natrium-Absorption durch Amilorid;

- die Aktivierung der gestörten apikalen Chlorid-Sekretion.

 

Letztere ist bisher nur bei wenigen CFTR-Mutationen beeinflussbar, bleibt aber – neben der Genkorrektur - das grosse Ziel der CF-Forschung.

Ein anderes Medikament, das die Wirkung von Amilorid unterstützen kann, ist Uridin-5'-Triphosphat (UTP, INS365). Es gehört zu den Substanzen, die über den Rezeptor für extrazelluläre 5'-Phosphatnukleotide (P2Y2-Rezeptor) die sog. alternativen Kalzium-abhängigen Chlorkanäle aktivieren, die nicht vom CFTR-Komplex reguliert werden. Allerdings ist UTP für die Anwendung am Menschen noch nicht allgemein zugelassen.