Stand: November 2019
Rauchen, Passivrauchen - Gefahren und Konsequenzen
Aktives Rauchen: Wirkungen und Folgen
Tabakrauch enthält neben Nikotin mehr als 5000 giftige Substanzen, davon mindestens 70 krebserzeugende Stoffe (Kanzerogene).
Nikotin wird nach der Inhalation rasch vom Körper aufgenommen. Es aktiviert das Gehirn und erhöht kurzfristig die Aufmerksamkeit und die Gedächtnisleistung. Gleichzeitig sorgt es für die Ausschüttung wichtiger Botenstoffe (darunter Dopamin, Serotonin und Endorphine). Damit werden Wohlgefühl und "Lust auf mehr" ausgelöst. Angst und Stressempfindung werden gedämpft, Gewöhnung und Suchtverhalten werden gebahnt.
Gleichzeitig verursacht Nikotin eine Verengung der Blutgefäße einschließlich der Herzkranzgefäße.
Dies hat in vielen Organen eine Durchblutungsverminderung zur Folge. Puls und Blutdruck steigen. Daneben werden Entzündungsprozesse in Gang gesetzt, die Thrombosebildung und arteriosklerotische Veränderungen verursachen und dadurch eine zusätzliche Einengung der Blutgefäße bewirken. Das Risiko eines Herzinfarktes und anderer Krankheiten ("Raucherbein" usw.) steigt damit beträchtlich, auch bei Personen, die nur wenige Zigaretten am Tag rauchen.
In den Atemwegen und Lungen können die gleichen Mechanismen zu einer Verengung der Bronchien (Neigung zu Asthma), einer Entzündung und Verdickung der Bronchialwände (chronische Bronchitis) und einer Zerstörung von Lungenbläschen (mit Entwicklung eines Lungen-Emphysems) führen. Auch die Entstehung von Lungengerüsterkrankungen wird begünstigt.
Kanzerogene im Tabakrauch fördern Krebserkrankungen in Lunge, Mundhöhle, Kehlkopf, Speiseröhre und Magen, aber auch in Organen, die nicht direkt mit dem Rauch in Kontakt kommen, wie Bauchspeicheldrüse, Leber, Brust, Nieren, Harnleiter, Harnblase, Gebärmutterhals, Dick- und Enddarm. Diese Gefahr nimmt mit der Anzahl der pro Tag gerauchten Zigaretten zu (Tabelle 1).
Tabelle 1 Gesundheitliche Schäden durch Tabakrauch
Ursächliche Beteiligung
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Förderung von |
Atemwegserkrankungen:
- chronische Bronchitis,
- Lungen-Emphysem
- Lungengerüsterkrankungen
begünstigt
Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
- allgemein Arteriosklerose
("Raucherbein" usw.)
- öfter Herzinfarkt
- öfter Schlaganfall
Krebserkrankungen:
- Lungenkrebs
- Krebs von Kehlkopf, Mundhöhle, Speiseröhre, Magen
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nach einer Abbildung in www.anatomie-physiologie.de
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Atemwegserkrankungen:
- Entwicklung chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) begünstigt
- wahrscheinlich Asthma begünstigt
Krebs:
in Bauchspeicheldrüse, Leber, Brust, Niere, Harnleiter, Harnblase, Gebärmutterhals, Dickdarm, Enddarm
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Passivrauchen (second hand smoke, SHS)
Auch Nichtraucher, die sich im gleichen Raum wie die Raucher befinden, werden erheblich gefährdet. Die Folgen des Passivrauchens durch Nikotin und krebserregende Stoffe im Hinblick auf Erkrankungen der Atemwege, der Lunge und des Herz-Kreislauf-Systems sowie das Schlaganfallrisiko ähneln denjenigen, die beim Raucher bekannt sind (Tabelle 1). Das Lungenkrebsrisiko ist für Frauen rauchender Partner um ca. 24 %, für Männer rauchender Partnerinnen um ca. 37 % erhöht.
Eine besonders problematische Form des Passivrauchens ist das Rauchen während und nach der Schwangerschaft. Die rauchende Schwangere schadet sich nicht nur selbst (häufiger: Eileiterschwangerschaften, Placenta-Komplikationen, vorzeitiger Blasensprung), sondern auch dem ungeborenen Kind. Das Neugeborene und das heranwachsende Kind leiden ebenfalls unter schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Tabelle 2).
Tabelle 2 Risiken des Passivrauchens für Säuglinge und Kinder während und nach der Schwangerschaft

abgeänderte Abbildung aus
Tabakatlas Deutschland 2015
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Neugeborene und Säuglinge
- Frühgeburt
- Gewicht und Körpergröße bei Geburt verringert
- Sterblichkeit kurz vor und nach der Geburt erhöht
- mehr Fehlbildungen
- häufiger: "plötzlicher Kindstod"
Kinder
- Lungenfunktion beeinträchtigt
- öfter Husten, Auswurf, pfeifende Atemgeräusche, Kurzatmigkeit (wahrscheinlich Begünstigung von Asthma)
- öfter Bronchitis und Lungenentzündung
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Vielfach unterschätzt wird der "Tertiäre Tabakrauch" (third-hand tobacco smoke, THS). Der Begriff ist noch relativ jung. Das Phänomen selbst ist aber schon lange bekannt. An Kleidern, Haaren und Haut von Rauchern, aber auch überall im Wohnbereich, an Teppichen, Vorhängen und Möbeln, haften Reststäube von Tabakrauch, die einen intensiven Tabakgeruch verbreiten. Als Folge chemischer Prozesse wie Oxidation und Nikotin-Ozon-Reaktion entstehen zusätzliche Giftstoffe und krebserregende Substanzen.
Was ist zu tun?
In den letzten Jahren haben die Kenntnisse über die Folgen des Passivrauchens zu ersten gesetzgeberischen Maßnahmen geführt: Rauchverbot am Arbeitsplatz, in vielen öffentlichen Gebäuden und in Restaurants. Aktuell sind Bestrebungen im Gange, Autofahrern das Rauchen zu untersagen, wenn Kinder und Schwangere mitfahren.
Diese Maßnahmen reichen aber nicht aus. Viele Raucher halten beim Autofahren das Lenkrad nur mit einer Hand fest. Häufig sieht man, dass die Asche der glimmenden Zigarette durch das geöffnete Seitenfenster abgeklopft oder der Zigarettenstummel weggeschnippt wird. Der Griff zur nächsten Zigarette oder zum Feuerzeug lenkt für eine oder mehrere Sekunde ab und kann einen Unfall nach sich ziehen.

Besonders gefährliche Situationen kommen dann zustande, wenn dem rauchenden Fahrer die Zigarette aus der Hand gleitet und zwischen die Beine auf den Sitz oder auf den Boden fällt.
Jeder rauchende Fahrer stellt für sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer eine potenzielle Gefahr dar. Ein generelles Rauchverbot für Autofahrer wäre daher ratsam!
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Im übrigen sollten Raucher dazu angehalten werden, ausschließlich im Freien zu rauchen und darauf zu achten, Kippen oder wenig angerauchte Zigaretten sorgfältig zu entsorgen und nicht einfach wegzuwerfen. Dies gilt in vielen Städten als Ordnungswidrigkeit, die mit einer hohen Geldbuße geahndet werden kann. Trotzdem landen nach einer Berechnung der WHO (2017) weltweit ca. 10 Milliarden Zigarettenstummel täglich auf dem Boden, die meisten davon mit Filter. Dieser besteht überwiegend aus Celluloseacetat, das nur sehr langsam biologisch abgebaut wird. Die im Filter verbliebenen Chemikalien und giftigen Stoffe werden durch Regen ausgewaschen und sickern in den Boden ein. Diese Form der Umweltbelastung wäre mit gutem Willen leicht zu vermeiden.
Zu Hause sollten Raucher darauf achten, Zigaretten nicht offen herumliegen zu lassen. Für kleine Kinder, die dazu neigen, alles in den Mund zu stecken, was sie finden, kann schon der Tabak einer 3/4 Zigarette lebensbedrohlich sein.
Auf einem
Kinderspielplatz
in Gießen gefundener
Zigarettenstummel!
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In der Gießener Fußgängerzone weggeworfener Zigarettenrest!
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Große Gefahr für Kleinkinder!
Ziel für die nahe Zukunft:
Zumindest die Plakatwerbung für Tabakprodukte sollte möglichst umgehend verboten werden.
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Informationsquellen
Tabakatlas Deutschland 2015. Tobacco atlas 6th edition 2018. Schaller K, Mons U. Passivrauchen - Gesundheitsgefahr vom Lebensanfang bis ins Erwachsenenalter. Atemwegs- und Lungenkrankheiten 2019, 45: 239-246. Gortner L, Meyer S. Pädiatrie. Thieme-Verlag 2018, 5. Auflage
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